ÜberUnterWasser

-9- Bali: Die Fahrt nach Pemuteran

Today’s featured fellow ist Gede, mein Fahrer. Gede geschwätzig zu nennen ist in etwa so, wie zu behaupten, Bali hätte 1000 Tempel – eine phänomenale Untertreibung. Noch dazu schwätzt Gede in einer Lautstärke, dass mir bereits nach 2 ½ Minuten die Ohren klingeln, mit voraussichtlich weiteren 177 ½ vor mir. Aber Gede ist ein liebenswürdiger Kerl und sehr interessiert. In den ersten 1 ½ Stunden erzählt er mir seine Lebensgeschichte, minutiös, und erwartet dann dasselbe von mir. Allerdings hat er so viele Geschichtchen auf Lager, dass er ohnehin nach 2-3 Sätzen meinerseits wieder das Wort ergreift. Übrigens, sollte Euch jemand fragen, ich bin verlobt, heirate am 7. September und genieße auf meiner jetzigen Reise noch ein letztes Mal meine Freiheit. In meinem Alter unverheiratet zu sein, gerade als Frau, ist den Balinesen absolut unverständlich, also spare ich mir lieber die wiederkehrende Diskussion. Ebenfalls unverständlich ist ihnen mein derzeitiger Beruf, weswegen ich lieber bei „Biologin“ bleibe. Auch dazu hat Gede selbstverständlich eine Geschichte, gerade, als er von meinen Viren hört. Es geht um das beste, das einzige Mittel gegen AIDS: frisch gepresster Gecko-Saft. Gede wundert sich, warum in der westlichen Welt noch niemand darauf gekommen ist und ist fest davon überzeugt, mir durch seinen schlauen Tipp zum Durchbruch verholfen zu haben. Das freut ihn riesig. Allerdings, so sagt er, brauche man Geckos eines bestimmten Alters, sie müssen sich in einer ganz speziellen Wachstumsphase befinden, sonst hilft’s nix. Außerdem muss man den Saft regelmäßig trinken, sonst kommen die „Bakterien“ wieder, das muss ich mir unbedingt merken!

 

Gede hat noch mehr schlaue Tipps. So beschliesst er um halb ein Uhr mittags, dass es für mich an der Zeit ist, was zu essen. Mein Einwand, dass ich erst drei Stunden zuvor ein riesiges Frühstück verputzt habe, zählt nicht. Na, vielleicht ist es wirklich keine schlechte Idee. Es gibt diese Leute, die, wenn man mit ihnen die Strasse runter läuft, immer langsamer werden, je mehr sie reden. Irgendwann steht man dann. Gede macht dasselbe mit Autofahren, insofern kann es noch eine Weile dauern, bis wir Pemuteran im Nordwesten der Insel erreichen. Wir halten also an einem kleinen Warung, einer Garküche, irgendwo am Berg und Gede erklärt mir, dass ich jetzt erst einmal ein Glas Wasser vor dem Essen trinken muss, weil mein Magen sonst nicht richtig vorbereitet ist. Und weil ich mittlerweile festgestellt habe, dass der arme Kerl sonst keine Ruhe findet, befolge ich brav seinen Rat. Das Essen ist reichlich, köstlich und vor allem spottbillig. Ich gebe ein 100%-Trinkgeld von 1.50 Euro, soviel wie Essen und Trinken für beide von uns gekostet haben. Die Köchin kann es gar nicht fassen und bedankt sich minutenlang bei mir. Gede strahlt und ist begeistert von meiner Großzügigkeit. Ich wiederum wundere mich, wie sich diese einfachen Menschen über eine solche Selbstverständlichkeit freuen können, während andere in den Touristenzentren noch grätzig werden, wenn man ihnen für ihren misslungenen Versuch, einen übelst über den Tisch zu ziehen, nicht auch noch ein saftiges Trinkgeld gibt.

 

Frisch gestärkt beschleunigt Gede auf einmal von seinen durchschnittlichen 40 KmH auf satte 45.

„Like Smaker!“ lacht er.

„Smaker?“

„Yesyes, Meikl Smaker!“

Ahh, Schumacher. Sicher. Weil der mit 45 Klamotten um die Ecke wetzt.

Wir unterhalten uns noch ein bisschen über die verschiedensten deutschen Meikls – Meikl Ballack ist hier zum Beispiel eine ganz grosse Nummer, vielleicht sollte man ihm mal raten, nach Bali auszuwandern –, Fussball und Gott und die Welt. Irgendwann landen wir bei seinem schwulen Bruder, eine Katastrophe für die Familie. Also was macht man als guter Balinese? Man holt den Haus-und-Hof –Schamanen, führt eine Reinigungszeremonie durch und heilt den armen Teufel von seiner schlimmen Krankheit. Inzwischen ist Gedes Bruder Familienvater und alle sind happy. Wirklich alle?

 

Statt der üblichen drei Stunden für die Strecke trudeln wir nach über fünf Stunden doch noch in Pemuteran ein. Das Örtchen ist wie ausgestorben. Normalerweise eines der Tauchzentren der Insel, liegt es in der Nebensaison wie verwaist zwischen Küste, Bergen und Tempeln. Ich suche mir ein nettes Plätzchen am Strand, beziehe mein kleines Hüttchen und warte den nachmittäglichen Regenschauer ab.

01:17 - 24 March 2013 - comments {0} - post comment

-8- Bali: Ubud zum 2.

Leider muss mich Sylvia zwei Tage nach unserem heldenhaften Aufstieg verlassen und meine Reise geht vorerst alleine weiter. Ich will noch ein paar Tage in Ubud bleiben und Reisfelder anschauen, beschließe aber, das Hotel zu wechseln. Die unfreundlichen Leute in unserem alten Hotel nerven mich. Also gehe ich auf Herbergssuche. Die Schwüle ist drückend, die Luft zum schneiden. Der Himmel hängt gelb und schwer über den Häusern und lässt die ohnehin so verwunschene, morbide Atmosphäre fast greifbar erscheinen. Eigentlich wollte ich mir ein kleines Homestay oder Guesthouse suchen, aber an diesem Tag finde ich all die kleinen Häuschen und Zimmerchen erschreckend beklemmend. Aus Jux laufe ich dann etwas außerhalb von Ubud in ein schönes Hotel am Rande der Reisterassen und fange an zu verhandeln. Schließlich bekomme ich für den Preis eines Standardzimmers eine Super Deluxe Suite. Irre. Ich finde, ich sollte mir das ausnahmsweise gönnen und die nächsten zwei Tage geben mir recht – es schüttet in Strömen und ohne Unterlass. Macht überhaupt nix, ich sitze auf einem wunderschönen, großen Balkon mit meinem Heißwasserkocher und Tee, schmökere endlich mal wieder ausgiebig in meinen Büchern und mache das, was ich ja ohnehin noch in Ubud machen wollte, ich schaue Reisfelder an. Das Grün ist unwahrscheinlich, es leuchtet, als wären die Pflanzen mit GFP transfiziert. Selbst im Regenschleier kann man noch zahllose Nuancen ausmachen. Reisfelder anschauen ist ungemein beruhigend.

 

Auch noch gut machbar im Regen ist, sich in eins der organic cafes zu setzen und den Yoga-Jüngern dabei zuzusehen, wie sie – nicht so wirklich entspannt – nach ihren Verrenkungssitzungen durch die Sturzbäche nach Hause springen. Und wie es beim Reisen so ist, trifft man alleine am ehesten andere Leute. Heute treffe ich Michael. Michael ist einer dieser supersanften, hippen lifestyle-Ökos mit samtiger Weltretterstimme aus Kaliforniens Bay Area und Michael sucht in Asien ein neues Heim für sich und seine Frau, in dem sie selbst ihr organic food anbauen können. Bali ist inzwischen in der Wahl ausgeschieden, da hier bereits zu viele Leute derselben Gesinnung  unterwegs sind und man ist schließlich Individualist. Also sucht Michael weiter auf seinem Apple-Rechner und ich überlege für einen Moment, ihn zu fragen, ob er denke, die Foxconn-Mitarbeiter bekämen auch organic food.

 

An meinem letzten Tag in Ubud scheint wieder die Sonne und ich mache mich auf, durch den Affenwald und danach ein wenig durch die Felder zu streifen. Diesmal treffe ich Tino aus Spanien, der, obwohl er gerade zehn Worte Englisch und sonst nur Spanisch spricht, bemerkenswert weit in der Weltgeschichte herumgekommen ist. Amüsanterweise sieht Tino aus wie Javier Bardems jüngerer Bruder. Wieder einmal eine vergnügliche Spur von EatPrayLove. Umso erstaunlicher, dass er in Ubud immer noch alleine mit dem Mountainbike unterwegs ist, man sollte meinen, dass ein Double wie Tino sich vor einem Ansturm der Lebenskrisemädels nimmer retten könnte. Im Moment scheint er allerdings eher zu meinen, mich retten zu müssen, denn auf einem Pfad zwischen den Reisterrassen will mich ein Typ in ein Gespräch verwickeln und zu einer Tour mit seinem Roller einladen. Auch wenn ich solche Diskussion hin und wieder ganz spaßig finde, dieser Typ ist doch etwas zu hartnäckig und Tinos Auftauchen verkürzt die Angelegenheit erheblich.

 

Über einen weiten Bogen laufe ich in die Stadt zurück, komme durch wunderbar ruhige, schöne Ecken und Sträßchen, vorbei an mehreren Hütten, vor denen halbfertige Ogoh-Statuen auf ihre Vollendung und ihren Einsatz am balinesischen Neujahrsfest, dem Nyepi, warten. Die Ogoh Ogohs zeigen die Fratzen der bösen Dämonen, aber auch Figuren aus der Götterwelt Balis, die das Böse besiegen. Nach einer Parade werden die Ogoh Ogohs verbrannt, die Dämonen und das Schlechte der Welt so von der Insel vertrieben. Ein bisserl erinnert mich das an die Verbrennung des Böögg beim Sächselüüte in Züri. Allerdings, am Tag nach Nyepi folgt hier der Tag der Stille. Kein Mensch darf das Haus verlassen, kein Lärm gemacht, kein Licht eingeschaltet werden. Selbst der Flughafen stellt den Betrieb ein. Durch die Licht- und Lautlosigkeit finden die vertriebenen Dämonen und Geister den Weg zurück nach Bali nicht mehr. Wäre vielleicht auch mal für Züri eine Idee.

Leider verpasse ich das Neujahrsfest um ein paar Tage. Schade.

 

In den letzten beiden Tagen sind die Chinesen in Ubud eingefallen. Die Chinesen sind die neuen Japaner, zumindest was das Reisen betrifft. Nicht eine, nicht zwei, nein, sicher 13 Busladungen auf ein Mal ergießen sich über Ubud, fliessen bis in die letzten Gassen und die hintersten Ecken des Tempels. Das kleine Zentrum ist dem Ansturm nicht im Mindesten gewachsen, um vorwärts zu kommen muss man bis in die Straßenmitte ausweichen. Ich finde, dass es definitiv Zeit ist, zu gehen, organisiere mir für den nächsten Morgen einen Fahrer nach Pemuteran und beschließe die Woche in Ubud, natürlich im Sang-Spa.

12:44 - 24 March 2013 - comments {0} - post comment

<%PostCommentPage%> <%PhotoAlbumPage%> <%ProfilePage%>
Description


«  June 2023  »
MonTueWedThuFriSatSun
 1234
567891011
12131415161718
19202122232425
2627282930 

Home
User Profile
Archives
Friends

Recent Entries
- -9- Bali: Die Fahrt nach Pemuteran
- -8- Bali: Ubud zum 2.
- -7- Bali: Gunung Batur
- -6- Bali: Ubud
- -5- Tauchen! Zum 2.

Friends